In einem Boot mit syrischen Flüchtlingen : Wolfgang Bauer zu Gast bei der Europäischen Schule RheinMain

Bereits am 27. März war der Journalist und Autor Wolfgang Bauer unser Gast und berichtete Schülern der Europäischen Schule RheinMain und berichtete von seiner ungewöhnlichen Reise mit syrischen Flüchtlingen, dem Beispiel einer tausendfach stattfindenden Flucht über das Mittelmeer, über deren Einzelheiten sonst nur Bruchstücke – meist aus zweiter Hand – bekannt werden. Wolfgang Bauer, war viel unterwegs in den Krisengebieten der Welt: in Syrien und Irak, Afghanistan und Pakistan. Er war schon für den Stern tätig, für National Geographic und Geo und ist nun Autor bei der ZEIT. Er hat zahlreiche Auszeichnungen für seine – oft gefährliche – Arbeit als Kriegsreporter erhalten.IMG_2037

Eingeladen hatten wir ihn im Rahmen des Projekts „Trialog der Kulturen“, einer Initiative der Herbert Quandt-Stiftung, an der die Schule teilnimmt. Es geht diesen Flüchtlingen, das machte auch Wolfgang Bauer sehr deutlich, um das schlichte Überleben und kaum einer der von ihnen weiß etwas über die Länder, in die sie ihre Flucht führt. Genauso selten jedoch erfahren die Menschen im reichen und sicheren Europa, welche konkrete menschliche Schicksale sich hinter den kurzen Pressemitteilungen über neue Bootsflüchtlinge im Mittelmeer verbergen. Bei den Schülern ein besseres Verstehen der Hintergründe der Flucht und der traumatischen Erlebnisse dieser Menschen zu schaffen, als Basis für ein friedliches Miteinander und Toleranz gegenüber den Flüchtlingen in Deutschland, das war das Ziel – und Wolfgang Bauer hat es sicher erreicht.

Wolfang Bauer war mit syrischen Flüchtlingen auf einer wahren Odyssee unterwegs. Von Ägypten ging es kreuz und quer durch das Mittelmeer bis nach Italien und dann weiter durch Europa. Für die Schüler der 10. und 11. Klassen verknüpfte er einzelne Passagen seines 2014 erschienenen Buches „Über das Meer“ mit freien Erzählungen über die Details dieser sehr besonderen Reise. Er erzählte von dem Aufenthalt in Verstecken in Alexandria, in denen er mit den Flüchtlingen Essen und Decken geteilt hat, von den Tricks der Schleuser, die immer wieder aufs Neue ankündigen: „Heute Nacht geht es los!“, von der permanenten Angst entdeckt zu werden. Er berichtete von der Entführung durch eine Verbrecherbande, von dem Besteigen der Boote am Strand von Alexandria, von Amar, dem Dolmetscher an seiner Seite, von dem Mädchen Bissan, das um seine Tasche mit Insulinspritzen kämpfte, ohne die es nicht überleben konnte. Er erzählte vom Scheitern des ersten Fluchtversuchs, dem jähen Ende im Gefängnis, der Abschiebung der Journalisten, die das Mittelmeer nun ganz bequem mit dem Flugzeug überquerten. Und von dem weiteren Verlauf der Flucht von drei Syrern aus der Gruppe: Von den Brüder Alaa und Hussan, die erneut ein Boot bestiegen und es nach einer fast tödlichen Irrfahrt durch das Mittelmeer tatsächlich bis nach Italien schaffen und von Amar, dem Dolmetscher, der schließlich mit falschen Papieren von der Türkei über Tansania und Sambia nach Frankfurt flog und heute als anerkannter Flüchtling in Kelsterbach lebt.IMG_2059

Gebannt und sichtlich berührt folgten die Schüler den Erzählungen von Wolfgang Bauer und nahmen Anteil an der Geschichte dieser Schicksalsgemeinschaft, in der die Flüchtlinge plötzlich einen Namen, ein Gesicht und einen Charakter bekommen hatten. Keiner der Anwesenden konnte von diesen Schicksalen unberührt bleiben und so drehten sich die meisten Fragen der Schüler an den Journalisten auch meist um den weiteren Verlauf der Ereignisse. Sie fragten sich und ihn: „Was ist aus Bissan geworden?“, „Hat Amar Asyl erhalten?“ „Wie bereitet man sich auf eine solche Reise vor?“, „Hatten Sie Angst, als Sie entführt wurden?“ „Konnte Amar seine Familie nachholen?“ und vieles mehr. Ganz sicher werden die Schüler die Geschichten dieser Flüchtlinge wieder vor Augen haben, wenn sie wieder einmal in den Nachrichten hören, dass Bootsflüchtlinge aus Seenot gerettet wurden, oder von neuen Flüchtlingsunterkünften in der unmittelbaren Nachbarschaft gesprochen wird.

Das Buch:

Über das Meer : mit Syrern auf der Flucht nach Europa / Wolfgang Bauer. Fotos von Stanislav Krupar. – Berlin : Suhrkamp, 2014. 131 S. : Ill. – ISBN 978-3-518-06724-6